Material, Recycling, Kreislaufwirtschaft

Paperization: Sind Papierverpackungen die nachhaltigere Wahl?

19.02.2025 | 3 Minuten Lesezeit
Fabian Grabner

Im Bestreben nach nachhaltigeren Lösungen prüfen immer mehr Lebensmittelproduzenten den Einsatz von Papierverpackungen, denn Papier wird von den Konsument:innen als umweltfreundlich wahrgenommen. Der Trend hin zu faserbasierten Verpackungen zeigt sich in einer Vielzahl von innovativen Prototypen, von der Papierflasche bis hin zu speziellen Kartonverpackungen. Doch sind Papierverpackungen tatsächlich die nachhaltigere Wahl? In unserer dreiteiligen Blog-Serie zum Thema Paperization werfen wir einen Blick hinter die Fassade und stellen in diesem ersten Teil Annahmen und Mythen zu Papierverpackungen auf den Prüfstand.

Eine eierlegende Wollmilchsau – das sollten moderne Verpackungen im Idealfall sein: Sie sollen das Produkt bestmöglich schützen, praktisch in der Nutzung, haptisch ansprechend und optisch außergewöhnlich sein, dazu kosteneffizient und umweltfreundlich. Gerade letzteres hat in den vergangenen Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen: Immer mehr Konsument:innen achten auf einen nachhaltigen Einkauf und nehmen dabei auch Verpackungen ganz genau unter die Lupe. Zusätzlich steigt der Druck aus der Politik: Die PPWR, die Packaging and Packaging Waste Regulation der EU, ist der aktuellste Schritt, um eine Kreislaufwirtschaft zu forcieren und Verpackungsmüll drastisch zu reduzieren. Unternehmen sind daher zwangsläufig auf der Suche nach umweltfreundlichen Verpackungslösungen. Im Bestreben nach mehr Nachhaltigkeit, greifen immer mehr Lebensmittelproduzenten und Handelsketten zu Papierverpackungen – oder genauer gesagt zu faserbasierten Verpackungen.

Papier und sein umweltfreundliches Image

„Paperization“ heißt der Trend, bei dem versucht wird, Kunststoff im Verpackungsbereich durch Papier zu ersetzen. Der Schritt erscheint auf den ersten Blick fast logisch: Papier hat in der Gesellschaft ein gutes Image. Das Material gilt als nachwachsender Rohstoff, wird also als nachhaltig und umweltfreundlich wahrgenommen. Es hat eine angenehme Haptik und lässt sich aufmerksamkeitsstark gestalten. Die positive ökologische Wahrnehmung in der Bevölkerung, dazu das Image, das Unternehmen nur zu gerne für ihre eigenen Produkte übernehmen – alles Gründe, warum Paperization boomt.

Doch Papier ist nicht gleich Papier

Papier bietet als Material den Vorteil, dass es aus einem nachwachsenden Rohstoff hergestellt wird und unter natürlichen Bedingungen verrotten kann. Papier verrottet jedoch nur dann optimal, wenn es nicht durch Lebensmittelreste oder andere Verschmutzungen zu stark belastet wird. Darüber hinaus ist es wichtig, darauf zu achten, dass das verwendete Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt. Denn bei nicht nachhaltiger Holzgewinnung und übermäßiger Abholzung verliert Papier seinen ökologischen Nutzen und kann zur Waldzerstörung beitragen. Hinzu kommt, dass das Herauslösen der Fasern und die Gewinnung von Zellstoff ein energieaufwändiger und ressourcenintensiver Prozess ist. In der EU, den USA und China wird ein Großteil der verarbeiteten Primärfasern importiert, wodurch sich die ökologischen Auswirkungen der Papierproduktion oft in Länder wie Kanada oder Brasilien verlagern. Eine bessere Umweltbilanz als Papier aus Frischfasern hat Recyclingpapier: Es schont die Wälder und benötigt weniger Energie und Wasser. Ein Nachteil von Papierverpackungen ist, dass sie in Abfüllanlagen langsamer laufen als Kunststoffverpackungen. Dies stellt insbesondere in der Dairy-Branche, wo immense Stückzahlen abgefüllt werden, einen erheblichen Nachteil dar, da ein langsamerer Abfüllprozess die Effizienz und Produktivität deutlich beeinträchtigen kann.

Papier benötigt häufig Beschichtung

Papier ist außerdem weder wasser- noch fettabweisend. Für Getränke oder feuchte Speisen benötigt Papier deshalb eine entsprechende Beschichtung. Eine Kunststoffbeschichtung verlängert die Haltbarkeit von abgepackten Lebensmitteln, macht das Recycling aber wesentlich schwieriger und aufwändiger. Auf den ersten Blick werden beschichtete Verbunde als Papier wahrgenommen, den Konsument:innen ist somit oft gar nicht bewusst, dass sie eine Verpackung mit einem signifikanten Kunststoffanteil in Händen halten. Genau solche beschichteten Papier- und Karton-Verpackungen sind es, die in der Kategorie faserbasierte Verpackungen zusammengefasst werden. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass faserbasierte Verpackungen neben beschichteten Papier- und Kartonverpackungen auch klassische Wellpappe-Kartons, Papiertüten, etc. umfassen. In die Kategorie faserbasierte Verpackungen gehören aber auch Karton-Kunststoff-Kombinationen, also Kunststoffbecher mit einem Kartonmantel, da diese die Anforderung von mind. 50 % Faserstoff in der Regel erfüllen. Bei Karton-Kunststoff-Kombinationen können die beiden Wertstoffe Karton und Kunststoff im Gegensatz zu beschichteten Papierverpackungen aber einfach getrennt werden.

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Fabian Grabner
Global Expert Product Management

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