Material, Recycling, Kreislaufwirtschaft

Paperization mit Tücken: Warum Beschichtungen das Recycling von Papierverpackungen auf eine harte Probe stellen

11.03.2025 | 3 Minuten Lesezeit
Fabian Grabner

Papierverpackungen liegen im Trend und gelten bei vielen Konsument:innen als umweltfreundliche Alternative zu Kunststoff. Doch sind Papierverpackungen tatsächlich die nachhaltigere Wahl? In unserer dreiteiligen Blog-Serie werfen wir einen Blick hinter die Fassade. In diesem zweiten Teil zeigen wir, warum faserbasierte Verpackungen oft eine Beschichtung benötigen und diese gerade im Hinblick auf Recycling und Umweltfreundlichkeit zur Herausforderung werden kann. 

Er ist der Prototyp einer beschichteten Papierverpackung – und oft ist Konsument:innen der signifikante Kunststoffanteil der Verpackung gar nicht bewusst. Am Coffe-to-go-Becher lässt sich die Herausforderung für Papierverpackungen optimal zeigen: Da Papier weder wasser- noch fettabweisend ist, benötigen Papierverpackungen für Getränke (wie Kaffee) oder feuchte Speisen eine entsprechende Beschichtung. Eine Kunststoffbeschichtung verlängert die Haltbarkeit von abgepackten Lebensmitteln oder macht Papierverpackungen überhaupt erst nutzbar – macht aber gleichzeitig auch das Recycling wesentlich schwieriger und aufwändiger. 

Die umwelttechnische Herausforderung für faserbasierte Verpackungen:

  • Materialzusammensetzung: Papierverpackungen für Lebensmittel bestehen selten aus reinem Papier, sondern aus beschichteten oder laminierten Papierstrukturen, die Kunststoff oder andere Anteile enthalten. Diese Beschichtungen sind notwendig, um die Barriereeigenschaften zu verbessern und die Haltbarkeit der Produkte zu gewährleisten.

  • Recyclingfähigkeit: Die untrennbare Verbindung von Papier und Kunststoff erschwert das Recycling. Während reines Papier und reiner Kunststoff relativ einfach getrennt und recycelt werden können, stellen beschichtete Papierverpackungen eine Herausforderung für die Recyclingindustrie dar.

Es zeigt sich, dass die Frage nach einer nachhaltigen Verpackungslösung häufig komplexer ist als angenommen – denn das eine ideale Material für alle Produkte, bezogen auf Schutz und Ökologie, existiert nicht: Nüsse und Schokolade, die schnell ranzig werden, stellen andere Ansprüche an eine Verpackung als beispielsweise Nudeln. Auch flüssige oder fettige Lebensmittel brauchen andere Verpackungen als etwa Haferflocken. Auf der Suche nach einer ökologischen Verpackung müssen deshalb die Ansprüche an diese genau betrachtet und in Folge die Umweltlasten der jeweils in Frage kommenden Verpackungen analysiert werden.

Sind Papierverpackungen die nachhaltigere Wahl?

Im ersten Blogpost beleuchten wir die Vor- und Nachteile von Papier und stellen die Frage: ist Papier wirklich die nachhaltigere Wahl?

Warum braucht es überhaupt eine Beschichtung?

Papierverpackungen für Lebensmittel enthalten häufig eine Kombination aus Papier und Kunststoff, um spezifische Anforderungen zu erfüllen – während das Papier als Basismaterial der Verpackung Struktur und Form bietet, dient die dünne Beschichtung aus Polyethylen oder anderen Kunststoffen als Barriere gegen Feuchtigkeit, Fett und andere Substanzen, die die Verpackung durchdringen und das Lebensmittel verderben könnten:

  • Feuchtigkeitsbarriere: Lebensmittel wie Milchprodukte, die einen hohen Wassergehalt haben, benötigen eine Barriere, um die Feuchtigkeit im Inneren zu halten und das Eindringen von Feuchtigkeit von außen zu verhindern. Reines Papier ist saugfähig und würde ohne Beschichtung schnell durchweichen und seine Struktur verlieren.
  • Fettbarriere: Bei fetthaltigen Lebensmitteln, wie Butter oder Käse, verhindert eine Kunststoffschicht, dass Fett durch das Papier dringt und die Verpackung beschädigt.
  • Sauerstoffbarriere: Viele Lebensmittel reagieren empfindlich auf Sauerstoff, was zum Verderben oder zu Qualitätsverlust führen kann. Eine Kunststoffbeschichtung kann das Eindringen von Sauerstoff verhindern und somit die Haltbarkeit der Lebensmittel verlängern.
  • Mikrobiologische Sicherheit: Kunststoffbeschichtungen tragen dazu bei, das Eindringen von Mikroorganismen zu verhindern, die das Lebensmittel ebenfalls verderben könnten.

Barriere: Haltbarkeit ohne Konservierungsstoffe

Die Barriere sorgt also für längere Haltbarkeit, wodurch Konservierungsstoffe oftmals überflüssig werden. Ob eine Barriereschicht sinnvoll ist, lässt sich aber nicht generell sagen, zu unterschiedlich sind Lebensmittel und ihre Anforderungen: Bei Lebensmitteln, die kühl gelagert werden und ohnehin nur zwei, drei Wochen haltbar sind, werden deshalb andere Verpackungen verwendet als für Lebensmittel, die bei Raumtemperatur gelagert werden und monatelang haltbar sein sollen. Hier braucht es besseren Schutz.

Sauerstoff- vs. Wasserdampf-Barriere

Durch die Beschichtungen kann die Verpackung sowohl die Qualität als auch die Sicherheit der Lebensmittel gewährleisten. Dies ist besonders wichtig für Produkte mit längerer Haltbarkeitsdauer und solche, die in einem feuchten oder variablen Klima gelagert werden. Nicht nur in Papierverpackungen spielt das Thema Barriere deshalb eine entscheidende Rolle – soll für ein Produkt das richtige Verpackungsmaterial ausgewählt werden, gilt es zu Beginn vor allem zwei Parameter zu beachten: die Sauerstoffdurchlässigkeit (OTR: Oxygen Transmission Rate) und die Wasserdampfbarriere (WVTR: Water Vapor Transmission Rate). Beide Werte gewährleisten die Frische, Qualität und Haltbarkeit der Produkte.

 

OTR-WTR Grafik

Laden Sie die Grafik herunter, um einen Überblick über die Barriereeigenschaften verschiedener Lebensmittelkategorien zu erhalten.

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Exemplarisch für einzelne Kategorien bedeutet dies:

Molkereiprodukte:
  • Vielzahl an unterschiedlichen Produkten.
  • Molkereiprodukte sind anfällig für Oxidation, die ihren Geschmack, Geruch und Nährwert beeinträchtigen kann. Eine niedrige OTR sorgt dafür, dass weniger Sauerstoff in die Verpackung eindringt, was die Haltbarkeit und Qualität des Produkts verlängert.
  • Molkereiprodukte haben oft eine bestimmte Feuchtigkeitsbalance, die für ihre Textur und Konsistenz wichtig ist. Eine niedrige WVTR verhindert, dass Feuchtigkeit aus dem Produkt entweicht oder dass externe Feuchtigkeit eindringt.
 
Babynahrung:
  • Ethylen-Vinyl-Alkohol (EVOH)-Barrie als zusätzliche Schutzschicht.
  • Sehr niedrige OTR und WVTR.
 
Kaffee:
  • Unbedingter Schutz vor Sauerstoff, um Aroma und Frische zu bewahren.
  • Sehr niedrige OTR notwendig.
 
Nüsse / Schokolade:
  • Hoher Fettgehalt.
  • Niedrige OTR und WVTR Werte notwendig.
 
Obst / Gemüse:
  • Hohe OTR, um den Atmungsprozess aufrechtzuerhalten.
  • Mittlere WVTR, um Feuchtigkeitsverlust und -aufnahme zu vermeiden und Frische sicherzustellen.

Recycling von beschichteten Verpackungen

Nun mögen Beschichtungen in Papierverpackungen notwendig sein, um die Qualität und Sicherheit der darin verpackten Lebensmittel zu gewährleisten – für die Recyclingindustrie stellen sie aber eine Herausforderung dar. Werden nur einseitig beschichtete Papierverpackungen dem Papierstrom zugeordnet, sind sie grundsätzlich recyclingfähig. Die unterschiedlichen Materialien müssen zunächst aber voneinander getrennt werden. Und das erfordert bei beidseitig beschichteten Verpackungen (wie sie etwa für nasse Lebensmittel eingesetzt werden müssen) kostenintensive spezialisierte Anlagen und Prozesse, die nicht in allen Recyclinganlagen vorhanden sind. Das kann dazu führen, dass viele dieser Verpackungen erst gar nicht recycelt werden. Damit gehen nicht nur wertvolle Ressourcen verloren – werden diese verbrannt oder landen auf Deponien, hat diese ursprünglich als besonders nachhaltig wahrgenommene Verpackung einen deutlich schlechteren Einfluss auf Klima und Umwelt als zuvor gedacht.

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Fabian Grabner
Global Expert Product Management

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