Recycling, Nachhaltigkeit

Verpackungsdesign nachhaltig gestalten

13.05.2024 | 5 Minuten Lesezeit
Anita Gruber

Recyclingfähigkeit und Ästhetik schließen sich nicht aus

​​​​​​Um Konsument:innen vom Kauf einer Ware überzeugen zu können, braucht es oft mehr, als nur ein ansprechendes Produkt: Auch die Verpackung kann neugierig auf den Inhalt machen, sie ist es, die in vielen Fällen den Artikel im Regal sichtbar macht, ihn von der Konkurrenz unterscheidet und auf den ersten Blick eine Beziehung zum Käufer oder der Käuferin herstellt. Lange Zeit musste eine Verpackung – neben ihrem eigentlichen Nutzen, dem Produktschutz – deshalb vor allem gut aussehen. Sie musste auffällig sein, optisch ansprechen und die Marke des jeweiligen Produktes erlebbar machen. Im besten Fall war die Verpackung dazu noch praktisch und gut zu bedienen. In den letzten Jahren haben sich die Ansprüche an Verpackungen allerdings massiv geändert. Neben Ästhetik und Funktionalität spielt nun auch die Nachhaltigkeit eine große Rolle. Denn auch wenn Verpackungen eine wichtige Funktion erfüllen – sie begleiten die Konsument:innen meist nur eine begrenzte Zeit und sollten aufgrund der Wertstoffe, die sie enthalten, nach dem Gebrauch nicht einfach zu Abfall werden. Um die wertvollen Ressourcen weiter nutzen zu können, muss bereits beim Verpackungsdesign die Recyclingfähigkeit der verwendeten Materialien und Dekorationen mitgedacht werden. Verpackungshersteller übernehmen so Verantwortung für die Umwelt: Indem sie auf nachhaltiges Verpackungsdesign und Recyclingfähigkeit setzen, kann mithilfe der Kreislaufwirtschaft der Verbrauch nicht erneuerbarer Rohstoffe verringert werden. Das macht sich nicht nur in puncto Klimaschutz bezahlt. 

Warum braucht es „Design for Recycling“?

Ein technischer Kreislauf kann nur dann geschlossen werden, wenn die darin genutzten Produkte auch kreislauffähig sind. Das bedeutet, dass die Wertstoffe unter anderem eindeutig identifiziert werden müssen. Die Gestaltung von Verpackungen ist deshalb so wichtig für ihre Rezyklierbarkeit. Kleine Änderungen verbessern die Verwertbarkeit oft maßgeblich, ohne die Hauptfunktion zu beeinträchtigen. Recyclingfähigkeit, Attraktivität und Werbewirksamkeit schließen sich dabei nicht aus. Abhängig von ihrem Zweck und ihrer Beschaffenheit sollten Verpackungen deshalb ganzheitlich geplant werden. Positiv für die Recyclingfähigkeit sind unter anderem helle Farben, Monomaterial statt Materialmix oder optimierte Etiketten- und Verschlusslösungen.  

 

Was bedeutet das in der Praxis? Nach der Entsorgung der Leichtverpackungen werden diese zuerst maschinell sortiert. Nur so können stoffgleiche Verpackungen in Einzelströmen gezielt verwertet werden. Die Verpackungen werden zunächst nicht zerkleinert, sondern komplett zugeordnet. Die Sortierung erfolgt aufgrund der physikalischen Eigenschaften der verschiedenen Verpackungsmaterialien – durch Verfahren wie Siebklassierung, Ausblasen mit Luftdüsen, Magnetabscheidung usw. Neben diesen mechanischen Sortierschritten gibt es weitere Schritte, die Kunststoffarten mittels Nahinfrarot-Spektroskopie erkennen. Nur wenn sich eine Verpackung richtig identifizieren lässt, kann sie auch recycelt werden. Die sortierten Verpackungen werden im anschließenden Recyclingprozess in mehreren Stufen zerkleinert sowie über verschiedene Wasch- und Trennprozesse von Fremdbestandteilen befreit. Je nach Anwendung wird das Mahlgut entweder mittels Extrusion zu Regranulaten umgeschmolzen oder die Flakes selbst werden als Post-consumer-recycelt-Kunststoff wieder für neue Produkte verwendet.1

 

Nachhaltig, praktisch, ansprechend: Gibt es die perfekte Verpackung?

Verpackungshersteller haben die primäre Aufgabe, mit ihren Verpackungen Produkte zu schützen. Gleichzeitig müssen sie produktspezifische Qualitätskriterien berücksichtigen, etwa, um Lebensmittelverschwendung in Grenzen zu halten. Zusätzlich zu diesen unbedingt notwendigen Kriterien spielen aber auch Faktoren wie Klimaschutz, die Unterstützung der Kreislaufwirtschaft oder der effiziente Einsatz von Ressourcen eine bedeutende Rolle. Bei dieser Vielzahl an zu berücksichtigenden Punkten ist es kein Wunder, dass es die eine, absolut perfekte Verpackung, die in jedem Bereich gut abschneidet, nicht gibt. Je nach Projekt kann es deshalb notwendig sein, Prioritäten zu setzen: Im Detail kann es nämlich durchaus auch zu sich widersprechenden Zielen kommen – ein geringer CO2e-Fußabdruck geht etwa nicht automatisch mit einer recycelbaren Verpackung einher und kreislauffähiges Verpackungsmaterial mit kleinem CO2e-Fußabdruck ist oft nicht die wirtschaftlichste Option. Diese Konflikte müssen gegeneinander abgewogen und diskutiert werden, während alle regulatorischen Anforderungen an eine Verpackung erfüllt werden müssen.  

Die EINE nachhaltige Verpackung existiert nicht. Zwischen Preis/Rentabilität, Qualität/Funktionalität, Ressourcen-Effizienz und Zirkularität müssen Prioritäten gesetzt und – je nach Projekt und Anforderung – Entscheidungen getroffen werden. 

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Worauf gilt es in puncto Rezyklierbarkeit zu achten?

Derzeit gibt es noch keine europaweit gültigen Kriterien für die Rezyklierbarkeit von Kunststoffverpackungen. Diese werden aktuell im Rahmen der Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR)2 erarbeitet. Die Europäische Kommission hat an die CEN (das Europäische Komitee für Normung) einen Auftrag erteilt, Normen für Design for Recycling zu erarbeiten. Diese werden mit 2025 erwartet. Die Kommission kann diese Normen in die delegierten Rechtsakte der PPWR übernehmen, muss aber nicht. Aktuell unterscheiden sich die Kriterien in jedem Land und basieren auf der lokalen Trenn- und Recycling-Infrastruktur sowie -Methoden. Um die Recyclingfähigkeit einer Verpackung beurteilen zu können, haben sich jedoch folgende Fragen bewährt:  

Verpackungen bestehen im Normalfall aus mehreren Bestandteilen. Von Vorteil sind Komponenten aus dem gleichen Material oder Material-Kombinationen mit unterschiedlichen Dichten, die einfach separierbar sind.  

  • Verpackungen können nur dann rezykliert werden, wenn das Material korrekt identifiziert und dem richtigen Strom zugeordnet werden kann. Die akkurate Detektion ist abhängig von den verwendeten Farben, der Dekoration, trennbaren Materialkomponenten, der Geometrie und der Größe der Verpackung. 

  • Barriere-Materialien und Zusätze erhalten das Aroma und die Frische von Lebensmitteln, können aber einen negativen Einfluss auf die Sortierbarkeit einer Verpackung haben. Es muss sichergestellt werden, dass sich die Dichte der Verpackung durch Barrieren und Zusätze nicht verändert. 

Störstoffe oder nicht abtrennbare, nicht-rezyklierbare Komponenten können die Rezyklatqualität mindern oder im schlimmsten Fall unbrauchbar für die Weiterverarbeitung machen. 

Störstoffe oder nicht abtrennbare, nicht-rezyklierbare Komponenten können die Rezyklatqualität mindern oder im schlimmsten Fall unbrauchbar für die Weiterverarbeitung machen. 

Dos & Don’ts für nachhaltigere Verpackungen

Je nach Projekt kann es notwendig sein, sich auf eine Säule zu konzentrieren, es gilt deshalb, Prioritäten zu setzen:  

  • Prüfung des Einsatzes von nachhaltigem Kunststoffmaterial (mechanisch recyceltes, chemisch recyceltes oder biozirkuläres Material) anstatt Neumaterial 

  • Wie wird eine hohe Rezyklierbarkeit der Verpackung erreicht? 

    1. Einsatz von Materialien mit bereits existierendem Recyclingstrom  

    2. Verpackungsgrößen über 2 cm empfohlen (kleine Verpackungen gehen im Sortierstrom leicht verloren) 

    3. Verpackungskomponenten, die aus demselben Material bestehen oder Kombinationen mit unterschiedlichen Materialdichten 

    4. Leicht entfernbare / voneinander trennbare Komponenten 

    5. Wenn möglich, werden transparente, helle oder weiß pigmentierte Materialfarben empfohlen – sowie carbon-black-freie Farben und Masterbatches 

    6. Barriere: Generell gilt: So wenig EVOH wie nötig. Idealerweise unter 6 % EVOH + PP-g-MAH 

  • Wie lässt sich der CO2e-Fußabdruck so klein wie möglich halten? 

    1. Einsatz von nachhaltigem Kunststoffmaterial, ohne das Gewicht der Verpackung zu verändern. Vorzug von mechanisch recyceltem Material gegenüber chemisch recyceltem und biozirkulärem Material 

    2. Eine hohe Rezyklierbarkeit hat ebenfalls einen positiven Einfluss auf den CO2e-Fußabdruck.  

    3. Reduktion des Verpackungsgewichts so weit wie technisch möglich 

 

Vermieden werden sollten unter anderem die folgenden Komponenten:  

  • Intensive oder dunkle Drucke 

  • Nicht-NIR-nachweisbare Masterbatch-Farben 

  • Silikon-Komponenten, z.B. in Verschlüssen 

  • Nicht-trennbare Dekoration auf PET-Produkten 

 

Es gibt viele Wege, um Verpackungen zu verbessern und die Recyclingfähigkeit zu erhöhen – zum Wohl der Umwelt und der Gesellschaft, in der wir auch in Zukunft nachhaltig leben wollen.  


[2] Packaging: Council and Parliament strike a deal to make packaging more sustainable and reduce packaging waste in the EU - Consilium (europa.eu)

Disclaimer: Greiner Packaging bietet keine Rechtsberatung, jedoch beobachten und bewerten wir laufend die Auswirkungen von Gesetzgebungsmaßnahmen in allen für uns relevanten Märkten. Dieses Dokument bildet diesbezüglich unseren gegenwärtigen Wissensstand ab. Das Ziel dieses Factsheets ist es, unter Berücksichtigung der sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen in Zusammenarbeit mit unseren Kunden Verpackungslösungen zu entwickeln. Greiner Packaging ist keine Zertifizierungsstelle und bietet keine Stellungnahmen zur Recycelbarkeit einzelner Produkte oder Materialien an. Es gibt allerdings bestimmte Partner, die wir unseren Kunden empfehlen. Für den deutschen Markt empfehlen wir Einschätzungen nach der Methode von cyclos-HTP. Für den europäischen Markt empfehlen wir die Zusammenarbeit mit Recyclass. 

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