Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft

Warum der CO2 Fußabdruck besser ist als sein Ruf

14.11.2023 | 10 Minuten Lesezeit
Diana Strasser

Der CO2e Fußabdruck

Er sollte so klein wie möglich sein – da er große Konsequenzen hat. Er umfasst Aktivitäten, Prozesse und Handlungen, aber auch Produkte und deren Herstellung. Er wirkt sich außerdem zentral auf das Klima und die Umwelt aus und ist deshalb sowohl für Unternehmen als auch Privatpersonen von entscheidender Bedeutung. Die Rede ist vom CO2e-Fußabdruck. 

Im folgenden Beitrag erfahren Sie, was der CO2e-Fußabdruck ist, wie er berechnet wird und wie er sich zusammensetzt – und wir zeigen, wie der CO2e-Fußabdruck von Kunststoff im Vergleich mit Materialien wie Glas, Papier oder Alu abschneidet.  

 

Wofür gibt es den CO2e-Fußabdruck?
Dieser gibt an, welche Mengen von Treibhausgasen durch bestimmte Handlungen freigesetzt werden. CO2e-Emissionen sind mit jeglichen Aktivitäten verbunden – ob es sich dabei um die Herstellung, Nutzung und Verwertung von unterschiedlichen Produkten handelt, um Veranstaltungen, Reisen, Übernachtungen oder Dienstleistungen. Der CO2e-Fußabdruck ist deshalb – neben der Bewertung des eigenen Lebensstils – ein wichtiges Instrument zur Beurteilung der Klimawirkung eines Unternehmens: Er zeigt, in welchen Bereichen die meisten Treibhausgase freigesetzt werden und wo das größte Potenzial für Einsparungs- und Effizienzmaßnahmen liegt. Dadurch hat er auch eine zentrale wirtschaftliche Bedeutung.1

Der Fußabdruck – mehr als Kohlenstoffdioxid 

Zur Bewertung der Klimawirkung wird umgangssprachlich zwar gewöhnlich von CO2-Emissionen gesprochen, jedoch sind damit meist alle Treibhausgase gemeint und der korrekte Begriff lautet daher CO2-Äquivalente (CO2e). Diese umfassen neben Kohlenstoffdioxid auch Methan, Lachgas, Schwefelhexafluorid, Fluorkohlenwasserstoffe, Perfluorcarbone und Stickstofftrifluorid. Diese Gase tragen ebenso maßgeblich wie Kohlenstoffdioxid zum Klimawandel bei. 

Wie wird der CO2e-Fußabdruck berechnet?

Um den CO2e-Fußabdruck berechnen zu können, werden verschiedene Parameter untersucht. Wer im privaten Umfeld seinen Fußabdruck so klein wie möglich halten möchte, wird beispielsweise eher den Zug als das Flugzeug zum Reisen nehmen, sich pflanzlich ernähren, anstatt täglich Fleisch zu essen oder in der Stadtwohnung und nicht in der großen Villa auf dem Land leben. Geht es um die Beurteilung der Nachhaltigkeit von Verpackungsmaterialien beziehungsweise Verpackungen selbst, werden im Rahmen einer umfassenden Lebenszyklusanalyse verschiedene Faktoren untersucht. Denn dass es häufig Verpackungen braucht, um Produkte bestmöglich zu schützen, steht außer Frage. Wie können diese aber möglichst klimaschonend produziert werden?

Darunter werden die Emissionen verstanden, die bei der Gewinnung und Verarbeitung der Rohstoffe für das Verpackungsmaterial entstehen. Etwa durch den Energieverbrauch oder den Einsatz von Chemikalien beim Abbau der Ressourcen. Der Materialwahl kommt deshalb große Bedeutung zu, wenn es darum geht den Fußabdruck einer Verpackung gering zu halten. Ob Kunststoff, Glas, Karton oder Alu – jedes Material hat seine Vor- und Nachteile.

Die Herstellung beziehungsweise Verarbeitung des Rohmaterials zur Verpackung selbst erzeugt CO2e-Emissionen – zum Beispiel durch den Energieverbrauch der Maschinen oder durch die Verwertung des Produktionsabfalls. Durch effiziente Prozesse können Energie und damit Emissionen eingespart werden.

Dabei handelt es sich um Emissionen, die beim Transport der Verpackungsmaterialien von den Herstellern zu den Verbrauchern oder zu den Orten, an denen sie verwendet werden, entstehen. Eine Verpackung sollte deshalb so leicht wie möglich ausgefertigt werden. Das schlägt sich nicht nur positiv auf den CO2e-Fußabdruck nieder, sondern macht auch Sinn im Hinblick auf Ressourceneffizienz.

Die Emissionen, die bei der Verwertung der Verpackung anfallen, werden ebenfalls berücksichtigt. Wird die Verpackung am Ende ihres Lebens recycelt? Wird sie wiederverwendet? Verbrannt? Deponiert? Auch Fragen wie diese beeinflussen den CO2e-Fußabdruck.

Die Qual der Wahl - welches Material soll´s sein?

Doch welches Verpackungsmaterial ist nun am nachhaltigsten? Bei einem Blick ins Supermarktregal wird deutlich, welche Vielfalt es in diesem Bereich gibt: Glasflaschen, Aluschälchen, Kunststoffbecher, Kartonboxen oder Metalldosen – sie alle schützen unterschiedliche Produkte und wollen dabei möglichst ökologisch sein.

So viel gleich einmal vorweg: Das eine ideale Material für alle Produkte, bezogen auf Schutz und Ökologie, existiert nicht: Nüsse und Schokolade, die schnell ranzig werden, stellen andere Ansprüche an eine Verpackung als beispielsweise Nudeln. Auch flüssige oder fettige Lebensmittel brauchen andere Verpackungen als etwa Haferflocken. Auf der Suche nach einer ökologischen Verpackung müssen deshalb die Ansprüche an diese genau betrachtet und in Folge die Umweltlasten der jeweils in Frage kommenden Verpackungen analysiert werden.

 

Glas, Alu, Papier oder Kunststoff?

Jedes Material hat seine Vor- und Nachteile, ein kleiner CO2e-Fußabdruck geht nicht immer auch mit einem geringen Ressourcenverbrauch einher. Es gilt abzuwägen wie sich Produktschutz und Nachhaltigkeit in puncto Verpackung bestmöglich vereinbaren lassen. Was lässt sich also generell zu den einzelnen Materialien Glas, Blech/Alu, Papier und Kunststoff festhalten?

Glasverpackungen gibt es seit über 300 Jahren, das Material wird als sehr hochwertig wahrgenommen und überzeugt optisch durch seine Transparenz. Es ist zu 100 % rezyklierbar und bietet aufgrund seiner Barriere-Eigenschaften hervorragenden Produktschutz. Lebensmittel sind dadurch lange haltbar. Glas kann wieder befüllt und damit wiederverwendet werden – vor allem diese Mehrwegangebote punkten auch in Sachen Nachhaltigkeit. Entscheidend sind bei Glasverpackungen – egal ob Ein- oder Mehrweg – aber die Transportwege: Glas ist schwer und bringt deshalb vom Rohstoff über die Flasche bis hin zum fertigen Produkt in jedem Schritt der Lieferkette deutlich höhere Transportgewichte mit sich. Dadurch verursachen sie auf all ihren Wegen auch höhere CO2e-Emissionen. Es gilt: Je regionaler, desto besser die Ökobilanz! Einwegglas kann grundsätzlich beliebig oft eingeschmolzen werden – der Energieaufwand dafür ist allerdings extrem hoch, durch die einmalige Nutzung geht viel Energie verloren. Und so ästhetisch Glas als Material auch sein mag: Nicht unterschätzt werden darf dessen Bruchgefahr, die mögliche Verletzungen oder den Verlust von Lebensmitteln zur Folge hat.2 3 

Aluminium und Weißblech, die beispielsweise für Dosen zum Einsatz kommen, bieten aufgrund ihrer Barriere-Eigenschaften hervorragenden Produktschutz und sorgen dafür, dass Lebensmittel lange haltbar sind. Die Materialien können vollständig recycelt werden, entsprechende Sammelsysteme sind in ganz Europa installiert. Dosen sind einfach und billig herzustellen, sie sind dünnwandig und leicht und schonen die Umwelt deshalb bei längeren Transportwegen.
Zur Herstellung von Weißblech- oder Aluminiumdosen wird allerdings sehr viel Energie benötigt. Zudem werden für die nötigen Rohstoffe Ur- und Regenwälder abgeholzt. Da die Dosen nur einmalig verwendet werden, fällt insgesamt für Herstellung und Recycling so viel CO2e an, dass zum Beispiel Getränkedosen im Verpackungsvergleich zusammen mit Einweg-Glasflaschen das Schlusslicht bilden.4 Nicht außer Acht gelassen werden darf in puncto Anwenderfreundlichkeit außerdem die potenzielle Schnittgefahr beim Öffnen von Weißblechdosen. 
 

Ob Coffee-to-go-Becher, Obst in Kartonschalen oder Käse in der beschichteten Kartonverpackung: Während Kunststoff in die Kritik geraten ist, empfinden Konsument:innen Papier und Pappe meist als umweltfreundlich. Doch sind sie das tatsächlich? Papier hat den Vorteil, dass es verrottet und nicht über viele Jahre in der Umwelt verbleibt. Zudem wird Papier aus Holz, einem nachwachsenden Rohstoff, hergestellt. Dennoch belasten Holzgewinnung und -weiterverarbeitung die Umwelt. Die hohe Nachfrage nach Zellstoff trägt maßgeblich zur weltweiten Waldzerstörung bei. Hinzu kommt, dass das Herauslösen der Fasern und die Gewinnung von Zellstoff ein energieaufwändiger und ressourcenintensiver Prozess ist. Da etwa in Deutschland rund 80 Prozent der verarbeiteten Primärfasern aus Importen stammen, verlagern sich die Auswirkungen der Papierproduktion ins Ausland. Eine bessere Umweltbilanz als Papier aus Frischfasern hat Recyclingpapier: Es schont die Wälder und benötigt weniger Energie und Wasser. Ein weiterer Nachteil von Papier als Verpackungsmaterial – es ist weder wasserfest noch fettabweisend. Für Getränke oder feuchte Speisen benötigt das Papier deshalb eine entsprechende Beschichtung. Die Kunststoffbeschichtung verlängert die Haltbarkeit von abgepackten Lebensmitteln, macht das Recycling aber oft schwierig und aufwändig. Auf den ersten Blick ist häufig nicht erkennbar, ob es sich um reines Papier oder einen beschichteten Verbund handelt. Wie für Glas gilt deshalb auch für Papier: Mehrweglösungen sind das Gebot der Stunde. 5 

Entgegen seinem teilweise verbreiteten schlechten Image kann Kunststoff als Material der Wahl für viele Verpackungen überzeugen: Kunststoffverpackungen bieten sehr guten Produktschutz, sie sind unzerbrechlich, in vielen Varianten kostengünstig produzierbar und sie sind vor allem besonders leicht: Das ist vor allem bei längeren Transportwegen in Bezug auf den CO2e-Ausstoß vorteilhaft. Mehrweg-PET-Flaschen sind aufgrund ihres geringeren Gewichts deshalb auch der gläsernen Mehrweg-Konkurrenz vorzuziehen. Darüber hinaus punkten Kunststoffverpackungen auch durch ihre hohe Benutzerfreundlichkeit auf Konsumentenseite.

Die Herstellung des Materials ist hingegen mit einem hohen Energieaufwand verbunden, Rohstoffe, die dafür benötigt werden, waren – da Erdöl-basiert – früher nur begrenzt vorhanden. Heute gibt es Lösungsansätze, um Recycling-, aber auch biobasierte Materialien verwenden zu können. In Bezug auf das Recycling sind zwar in den Industrienationen entsprechende Sammelsysteme installiert, in manchen Ländern der Welt sorgen Kunststoffverpackungen in der Umwelt aber für massive Probleme. Und auch in Europa ist die Wiederverwendung von Kunststoff von mehreren Faktoren abhängig: Gibt es einen entsprechenden Sammelstrom? Handelt es sich um Monomateriallösungen? Welche Dekoration wurde für die Verpackung verwendet? Darf das Recyclingmaterial wieder mit Lebensmitteln in Kontakt kommen? Werden diese Fragen gleich bei der Gestaltung einer Verpackung mitberücksichtigt, kann der CO2e-Fußabdruck von Kunststoff aber kleingehalten werden und eine Kunststoffverpackung damit durchaus die nachhaltigste Alternative sein.

... jede Person in Deutschland
im Durchschnitt 11,2 Tonnen
CO2-Äquivalente (CO2e) pro Jahr
an Treibhausgasen emittiert?

Klimaverträglich wäre ein weltweiter Pro-Kopf-Ausstoß von unter 1 Tonne CO2e.
 

1 https://www.firstclimate.com/was-ist-ein-co2-fussabdruck#:~:text=Er%20gibt%20an%2C%20welche%20Menge,oder%20Produktionsprozesse%20von%20Unternehmen%20angeben.

2 https://www.co2online.de/klima-schuetzen/nachhaltiger-konsum/vergleich-umweltfreundliche-verpackungen/#c71936

3 https://ecochain.com/case-studies/case-study-packaging-plastic-vs-glass/

4 https://www.co2online.de/klima-schuetzen/nachhaltiger-konsum/vergleich-umweltfreundliche-verpackungen/#c71936

5 https://www.verbraucherservice-bayern.de/themen/umwelt/lebensmittelverpackungen-ist-papier-umweltfreundlicher-als-plastik

6 https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/wie-hoch-sind-die-treibhausgasemissionen-pro-person

Ähnliche Artikel