Den Kunststoff-Kreislauf auf dem österreichischen Markt und darüber hinaus optimieren
Konrad Wasserbauer, Director Circular Economy, wurde vom Fachverband Entsorgungs- & Ressourcenmanagement der österreichischen Wirtschaftskammer eingeladen einen Gastbeitrag für die Mitgliederzeitung UPDATE* zu verfassen. Gerne möchten wir diesen Artikel mit Ihnen teilen. Konrad Wasserbauer beschreibt die aktuellen Painpoints der Branche, die Chancen für die Industrie und unsere Ziele im Hinblick auf eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft.
Die Kunststoffbranche in Österreich ist innovativ und technologisch stets ganz vorne dabei. Aktuell beschäftigt man sich hier mit neuen Rahmenbedingungen rund um das Verpackungs-Recycling. Sechs Leitplanken aus der Sicht eines Verpackungsherstellers:
1. Produktverbote und ökomodulierte Inverkehrbringer-Gebühren
Produktverbote bzw. Vermarktungs-Restriktionen stellen einen signifikanten Einschnitt in die Freiheit der Marktteilnehmer dar und sollten unserer Meinung nach nur als letzter Ausweg betrachtet werden. Keine Frage, das ehrgeizige, angestrebte Ziel, bis 2030 alle Verpackungen auf dem EU-Markt wiederverwertbar oder recyclebar zu machen, ist richtig und wichtig. Wo jedoch keine Lösungen gefunden werden, die den angestrebten Zielen entsprechen, kann über zielgerichtete finanzielle Steuerungsmechanismen nachgedacht werden. Zum Beispiel Öko-Modulationen bei den Inverkehrbringer-Gebühren. Solche Ansätze sind sinnvoll und fair.
2. Rezyklierfähigkeit als wesentlicher Aspekt einer Kreislaufwirtschaft
Wir setzen uns als Verpackungs-Hersteller insbesondere für die Anforderungen und Bedürfnisse der Molkereiindustrie ein. Dabei verfolgen wir bei Verpackungsoptimierungen einen ganzheitlichen Ansatz und treiben den Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft aktiv voran. Wir folgen dem Design for Recycling (D4R) Gedanken – sowohl bei den funktionellen Komponenten, als auch beim Produktdesign. Wichtig ist aus unserer Sicht aber auch, dass es innerhalb der EU in Zukunft eine einheitliche Definition für den Begriff „Rezyklierfähigkeit“ gibt. Wenn die Kriterien dafür in einer etwaigen „negative Liste“ zusammengefasst werden, sollte hier ein Mindeststandard zugrunde liegen, der regelmäßig revidiert wird, und der auch das Entwicklungspotenzial der Sammel- und Verwertungsinfrastruktur mitberücksichtigt. All das hilft uns, die Rezyklierfähigkeit greifbarer und damit umsetzbar zu machen.
3. Innovative Anlagen und Verpackungen vereinfachen das Sortieren
Eine wichtige Rolle im Recyclingprozess spielt eine moderne, digitalisierte Sammel- und Verwertungsinfrastruktur. Hinzu kommen innovative Möglichkeiten wie die sogenannten „digitalen Wasserzeichen“. Diese werden auf unseren K3®-Joghurtbechern bereits getestet. Damit können in Zukunft der Verpackung Informationen zur Lebensmitteltauglichkeit und Materialkomposition mitgegeben werden. Das erleichtert in einer modernen Sortieranlage künftig die Zuteilung zum richtigen Strom, macht die Prozesse effizienter und sorgt für sortenreinere Ergebnisse. Optimal ist natürlich, wenn auch der Konsument seinen Beitrag mit der Trennung leistet. Wir sind davon überzeugt, dass er das noch lieber tut, wenn er besser informiert und sich seiner Rolle und Verantwortung bewusst ist.
4. Einwandfreie Rezyklate sind Grundvoraussetzung
Es liegt in unserem besonderen Interesse, zukünftig einen möglichst sauberen Strom aus Hohlkörpern – vor allem aus PP, PS, PET und HDPE – für erneute Lebensmittelanwendungen zu extrahieren. Dies gestaltet sich mit der derzeitigen Sammel- und Sortierinfrastruktur bzw. Sortiertiefe jedoch schwierig. Aktuell gibt es auch noch keine positive EFSA Opinion zu r-PS, r-PP und r-HDEP für Molkereianwendungen. Wir beteiligen uns daher an verschiedenen Partnerschaften, um hochqualitative Abfallströme zu nutzen und positive EFSA Opinions voranzutreiben.
5. r-PS als Chance
Für uns verdient jede Polymertype eine faire Betrachtung und die Chance auf Zirkularität. Um den Kreislauf von PS zu fördern, sind wir im Frühjahr 2020 der Styrenics Circular Solutions (SCS) beigetreten. Dieser Zusammenschluss versucht über mechanisches und chemisches Recycling Stoffkreisläufe im Lebensmittel-Anwendungsbereich zu schließen. Erste K3®-Joghurtbecher aus 100% r-PS wurden in der Schweiz gemeinsam mit unserem SCS-Partner M-Industrie erfolgreich getestet. Diese ergaben hinsichtlich Sensorik keinerlei Unterschiede. Das zeigt, dass wir auch hier auf einem guten Weg sind und gemeinsam mit anderen starken Partnern mehr Druck im Hinblick auf eine EFSA Opinion ausüben können.
6. Kritische Betrachtung von Pfandsystemen
Im Zuge der Ausgestaltung eines Pfandsystems für Einweggetränkegebinde ist für uns der Aspekt des Materialeigentums und freien Marktzugangs wesentlich. Einer aliquoten Verteilung in Bezug zur in Verkehr gesetzten Menge stehen wir bei Greiner Packaging daher kritisch gegenüber. Durch ein Pfandsystem darf, unserer Meinung nach, keine systematische Benachteiligung von Marktteilnehmern entstehen. Stattdessen befürworten wir den freien Verkauf von Material und versuchen, Partnerschaften mit Rohstoff-Herstellern für chemisch oder mechanisch rezykliertes Material einzugehen.