Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit, Recycling, Design for Recycling, Reuse, Reduce, r-PET, Material

Drei Säulen für die Zukunft

06.10.2022 | 3 Minuten Lesezeit
Charlotte Enzelsberger

Unser Klima verändert sich, die Bio-Diversität nimmt ab – wir stecken mitten in einer ökologischen Krise. Als Kunststoffproduzent wollen wir alle uns zur Verfügung stehenden Hebel nutzen, um unsere Umwelt zu schützen. Wir engagieren uns für Klimaschutz, Ressourceneffizienz und die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft als Enabler von Nachhaltigkeit. Dabei leben wir nach dem Anspruch: Reduzieren, was vermieden werden kann (reduce), nutzen, was mehrmals eingesetzt werden kann (reuse), wiederverwenden, und recyceln, was nicht wieder eingesetzt werden kann (recycle).
Das führt in der Praxis durchaus zu Zielkonflikten: Ist die Wiederverwendung von Verpackungen auch CO2-schonender als die Einweglösung? Ist die Einsparung von Material immer wichtiger als die Recyclingfähigkeit? Und welche Konsequenzen ergeben sich aus der Lösung für die Logistik? Durch unser Know-how und ein Gespür für Trends schaffen wir innovative und umweltfreundliche Verpackungslösungen, die auch wirtschaftlich nachhaltig sind.

Reduce: Weniger ist mehr

Früher ging es vor allem um eines: Auffallen am Point of Sale – auch wenn dies oft ein Mehr an Materialeinsatz bedeutete. Das hat sich grundlegend geändert: Umweltbelastung durch Kunststoffabfall, Ziele zur CO2-Reduktion, aber auch wirtschaftliche Aspekte wie Gewichtsreduktion und platzsparende Lagerhaltung haben zu einem Paradigmenwechsel geführt. Materialreduktion ist oberstes Gebot. Denn unabhängig von der Wiederverwendbarkeit oder Recyclingprozessen setzt man hier am Anfang der Prozesskette an. Und oft kann bereits durch das Drücken kleiner Hebel eine große Wirkung erzielt werden. So kann zum Beispiel durch einfache Optimierungen in der Bechergeometrie viel Material eingespart werden. 
Ein Beispiel: 

Bei diesem PP-Becher werden durch minimale Anpassungen in der Geometrie Materialeinsparungen von 20 % realisiert, was bei einer Stückzahl von 30 Mio. Bechern pro Jahr eine Einsparung von 60 Tonnen Kunststoff bedeutet. Das wiederum wirkt sich positiv auf die CO2-Bilanz der Becher aus, indem weniger Rohstoff eingesetzt, verarbeitet und schließlich entsorgt wird. Die Optimierungen bewirken außerdem eine bessere Stapelbarkeit der Becher und damit weniger Lastwagenladungen im Transport, weniger Platz im Lager und somit – bei gekühlten Produkten – weniger Energieverbrauch.
Neben der Optimierung von Geometrien oder der Reduktion von Wandstärken denkt Greiner Packaging aber auch in ganz neue Richtungen, etwa bei einem Strukturbecher, der sich gerade in der Entwicklung befindet: Auf Basis eines bereits erfolgreich umgesetzten Konzepts – ein Ayran-Becher in Hammerschlagsoptik – wird beim Strukturbecher versucht weiter Material zu reduzieren, ohne dabei an Steifigkeit und Topload einzubüßen. „Es gab für uns viele Fragen zu lösen, was den Produktionsprozess angeht. Zum Beispiel darf es keine Hinterschneidungen geben und der Becher muss formbar sowie stapelbar bleiben“, so Ebli über den Entwicklungsprozess.

Das Ziel? Ein Kunststoffbecher, der durch seine besondere Haptik und Optik auffällt und der sich per Prägung individualisieren lässt. Die Prägung gibt dem Becher mehr Stabilität, so dass wir den Materialeinsatz weiter reduzieren können. Durch all diese Ideen versucht Greiner Packaging seinen Kunden ein Gesamtpaket zu bieten: Nachhaltige Verpackungen, die gleichzeitig eine Differenzierung am Point of Sale erlauben und wirtschaftlich umsetzbar sind.

Doch nicht immer ist minimaler Materialeinsatz die richtige Antwort. Insbesondere bei wiederverwendbaren Verpackungslösungen lässt sich teilweise eine bessere Umweltbilanz erreichen, wenn die Verpackung viele Male gesäubert und wiederverwendet werden kann.

Reuse: Trend zu wiederverwendbaren Alternativen

Auch wenn das Recycling oft im Fokus der Diskussion steht, so zeichnet sich ein Trend hin zu wiederverwendbaren Verpackungen ab. Und so will es zunehmend auch der Gesetzgeber. In Deutschland und Frankreich beispielsweise muss der Handel schon heute für bestimmte Produktgruppen, etwa an Frischetheken, Alternativen zur Einwegverpackung anbieten – ohne Aufpreis. Verschiedene Start-ups haben Konzepte für den To-Go-Bereich entwickelt, bei denen der Kunde pro Füllung eine Gebühr bezahlt, während sich das Unternehmen um die Reinigung und den Austausch der Verpackungen kümmert. Mittels Smart Labels – Mikrochips, die deutlich mehr Daten speichern können als der klassische Barcode – können darüber hinaus Reuse-Konzepte optimal in die logistischen Abläufe integriert werden. Auch Greiner Packaging arbeitet an unterschiedlichsten Reuse-Konzepten, etwa für den Gastro-Bereich.

Es bleiben aber Spannungsfelder beim Thema Reuse: etwa Fragen der Hygiene und Erfassung im System im Einzelhandel, Herausforderungen für die Logistik bei vielen unterschiedlichen Mehrwegprodukten oder die gelernte Convenience für den Konsumenten. Auch die Materialauswahl ist entscheidend: Die Verpackung muss so stabil und abwaschbar sein, dass sie möglichst oft wiederverwendet werden kann. Denn erst ab einer Mindestzahl an Umläufen sieht die Umweltbilanz im Vergleich zur Einwegverpackung positiv aus. All diese Herausforderungen eröffnen viel Spielraum für Innovation – auch und gerade im Verpackungsbereich.

Praktisch alle Länder haben sich konkrete Reduktionsziele gesetzt, was den Materialverbrauch angeht“, betont Konrad Wasserbauer, Global Director Circular Economy bei Greiner Packaging. „Reuse ist dabei neben Materialreduktion und Recycling ein zentraler Baustein.“

Die Zeit, Reuse-Konzepte zu entwickeln, ist jetzt!

Konrad Wasserbauer, Global Director Circular Economy

Neben Reuse-Modellen im klassischen Sinn gibt es aber auch andere innovative Konzepte, bei denen gleichzeitig Material eingespart und Verpackungen mehrfach eingesetzt werden können. Man denke etwa an Konzentrate für Seife, Wasch- oder Spülmittel: Das Konzentrat wird in einer kleinen und damit materialreduzierten Verpackung erworben und zuhause vom Konsumenten in eine bestehende Verpackung – etwa eine Spülmittelflasche – gefüllt und mit Wasser verdünnt. Die bestehende Verpackung kann dabei mehrfach zum Einsatz kommen. Hier besteht großes Einsparungspotenzial an Material und damit Transportkosten, CO2-Emmissionen und Kosten der Lagerhaltung. Schwachpunkt ist einzig die Convenience: „Der Konsument muss schlussendlich auch bereit sein, den Mehraufwand auf sich zu nehmen, um das Potenzial, das in der Wiederverwendung von Gebinden liegt, zu entfalten“, so Günter Ausserwöger, Global Director Business Development bei Greiner Packaging. Genau deshalb hat Greiner Packaging beispielsweise eine Verpackung entwickelt, die gleichzeitig Nachfülltrichter ist und einfach auf eine vorhandene Flasche etwa für Geschirrspülmittel aufgesetzt werden kann, woraufhin sich der Inhalt restlos entleert. Einfacher geht es kaum.

Recycle: Vorbereitet auf die Zukunft

Wo die Wiederverwendung nicht praktikabel ist, kann das Recycling das verwendete Material dennoch im Kreislauf halten. Die Kernidee dabei ist, im Idealfall aus einem Joghurtbecher wieder einen Joghurtbecher zu machen – und eben nicht nur den sprichwörtlichen Blumentopf. Das bringt jedoch seine eigenen technischen und regulatorischen Herausforderungen mit sich. So kann in vielen Bereichen bisher nur mechanisch recyceltes PET zum Einsatz kommen, besonders bei Lebensmittelanwendungen gibt es derzeit kaum eine Alternative. Greiner Packaging liefert deshalb bereits etwa Kunststoff-Verpackungen aus 
100 % r-PET, wie jene für die österreichische Marke Niemetz. oder den deutschen Hersteller pflanzlicher Milch- und Joghurtalternativen, Harvest Moon.

Der zweite wichtige Punkt ist die Recyclingfähigkeit – Stichwort Design for Recycling. Während Monomaterial-Lösungen ideal in den Recyclinganlagen weiterverwendet werden können, so lassen sich nicht alle Verpackungen nur aus einem Material herstellen. Auch hier ist also Innovationsgeist gefragt – wie beim K3® r100-Becher, dessen Kartonwickel sich im Prozess der Abfallentsorgung selbständig vom Kunststoffbecher trennt, ohne dass der Konsument eingreifen muss. So lassen sich vielfältige Möglichkeiten der Gestaltung und Differenzierung mit einer sehr guten Recyclingfähigkeit kombinieren. 

„Wir bleiben stets am Puls der Zeit und verfolgen Trends im Bereich Recycling genau. Gemeinsam mit unserem Partnernetzwerk entwickeln wir Produktideen, die diesen neuen Entwicklungen gerecht werden“, so Anita Gruber, Global Project Manager Circular Economy, über den Innovationsprozess bei Greiner Packaging. Entscheidend sei auch die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten, betont Gruber: „Zum Beispiel wird derzeit viel im Bereich abwaschbarer Tinten entwickelt, weil diese ein sauberes Rezyklat ermöglichen sollen – in den Recyclinganlagen ist es aber noch nicht Stand der Technik, diese auch wirklich verarbeiten zu können. Material, Sortierfähigkeit, Detektierfähigkeit, Recyclingfähigkeit – Innovation im Bereich Recycling ist immer auch eine Abwägung vieler komplexer Faktoren.“

Material, Detektier­fähigkeit, Sortierfähigkeit – Innovation im Bereich Recycling ist immer auch eine Abwägung vieler komplexer Faktoren.

Anita Gruber, Global Project Manager Circular Economy

Das derzeit gängige Verfahren im Bereich des Recyclings ist das mechanische oder werkstoffliche Recycling. Dagegen steckt das chemische oder rohstoffliche Recycling zwar noch in den Kinderschuhen, bietet aber großes Potenzial gerade auch für den Einsatz von recyceltem Kunststoffmaterial jenseits von PET im Food-Bereich. Bei diesem Verfahren wird aus Kunststoffabfall in einem fortschrittlichen Prozess das gleiche Ausgangsmaterial für die Kunststoffproduktion hergestellt, wie es auch aus dem Rohöl gewonnen wird. Damit ist die Qualität des Produkts identisch mit der Qualität von Virgin-Kunststoff. 

Dabei gibt es derzeit zwei Herausforderungen: Zum einen ist die CO2-Bilanz des Prozesses noch nicht optimal, weil dafür viel Energie benötigt wird – selbst im Vergleich zur Produktion aus Rohöl.

Dieser Vergleich ist jedoch nicht ganz fair, da wir beim chemischen Recycling noch am Anfang stehen, während die Rohöl-Infrastruktur eine sehr lange Entwicklung und Optimierung hinter sich hat.

Florian Aschermayer, Global Senior Project Manager Circular Economy

Hier lohnt es sich also, die Entwicklung genau zu beobachten, um sich entsprechend zu positionieren. 
 
Die zweite Herausforderung entsteht daraus, dass – ähnlich wie etwa beim Ökostrom – die produzierten Kunststoffe oft nicht physisch getrennt werden: Da das Rohmaterial aus recyceltem Kunststoff identisch mit dem aus Rohöl hergestellten ist, laufen beide in der Produktion über dieselbe Anlage. Somit lässt sich nicht eindeutig sagen, welcher Kunststoffanteil aus welcher Quelle kommt. Abhilfe schaffen hier Massebilanz-Systeme, also Zertifizierungssysteme wie ISCC PLUS, die dem Konsumenten die Sicherheit geben, dass eine Mindestmenge Kunststoff aus nicht-fossilen Quellen in der Herstellung verwendet wurde. Wir arbeiten bereits an konkreten Projekten, die es unseren Kunden ermöglichen, ein entsprechendes ISCC PLUS-Label zu führen. „Noch ist der Preis für chemisch recycelten Kunststoff recht hoch“, sagt Florian Aschermayer, „aber es lohnt sich, gut vorbereitet zu sein.“

Letztlich sind all drei Rs wichtige Bausteine für die Zukunft von Verpackungen. Sie sollten immer im Zusammenhang gesehen werden: Je nach Anforderungen und Situation steht mal das eine, mal das andere im Fokus. Hier sind individuelle und teilweise komplexe Entscheidungen zu treffen, die vor allem auch langfristig halten müssen. Deshalb blicken wir ganzheitlich auf das Thema Kreislaufwirtschaft: Technische und regulatorische Trends spielen ebenso eine Rolle wie ein sich veränderndes Konsumentenverhalten. Wir sind überzeugt, dass nachhaltige Innovation und der Weg in die Circular Economy dann am besten gelingen, wenn alle Beteiligten zusammenarbeiten. 

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